Bundesregierung beschließt Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes

30. September 2025

BERICHT

Am 6. August 2025 beschloss die Bundesregierung den Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes, das darauf abzielt, die Vergabe öffentlicher Aufträge in Deutschland zu vereinfachen, zu beschleunigen und stärker zu digitalisieren. Mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen von über 350 Milliarden Euro stellt die öffentliche Auftragsvergabe einen zentralen Wirtschaftsfaktor dar. Die Reform soll dazu beitragen, Investitionen schneller umzusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Start-ups zu stärken.


Zentrale Neuerungen im Überblick


1. Erhöhung der Direktvergabeschwelle: Künftig sollen bei Vergaben des Bundes Aufträge bis zu einem Wert von 50.000 Euro direkt vergeben werden dürfen, ohne ein formelles Vergabeverfahren durchführen zu müssen. Dies wäre eine erhebliche Anhebung der bisherigen Wertgrenze von 15.000 Euro für Direktaufträge durch den Bund, wodurch die Verwaltung spürbar entlastet würde.


2. Digitalisierung und Bürokratieabbau: Das Gesetz fördert die Nutzung elektronischer Verfahren und reduziert Nachweispflichten, um den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Effizienz zu steigern. Auch Nachprüfungsverfahren sollen digitalisiert werden, was zu einer schnelleren Bearbeitung führt. 


3. Flexibilisierung bei der Losvergabe: Obwohl der Grundsatz der losweisen Vergabe erhalten bleibt, ermöglicht das Gesetz in dringlichen Fällen, wie bei Infrastrukturprojekten, eine Gesamtvergabe. Dies soll die Umsetzung solcher Projekte beschleunigen. 


4. Förderung von Innovationen: Start-ups und innovative Unternehmen sollen durch erleichterte Zugangsvoraussetzungen und die Möglichkeit, Nebenangebote einzureichen, verstärkt an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen können. 


5. Einschränkung des Rechtsschutzes: Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden entfällt, um Vergabeverfahren nicht unnötig zu verzögern. Diese Maßnahme stößt jedoch auf Kritik, da sie die Rechtsposition von Bietern schwächen könnte. 


Ausblick


Das Vergabebeschleunigungsgesetz soll voraussichtlich zum 1. Januar oder 1. April 2026 in Kraft treten. Es wird erwartet, dass die Reform jährlich eine Entlastung der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags mit sich bringt. Durch die vereinfachten und digitalisierten Verfahren eröffnen sich Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten im Auslandsgeschäft. 


Die Umsetzung des Gesetzes wird jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere in Bezug auf die Wahrung des Rechtsschutzes und die Sicherstellung der Qualität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Der Verzicht auf verpflichtende Vorgaben zur nachhaltigen Beschaffung fällt zudem ins Auge. Es bleibt abzuwarten, wie die beteiligten Akteure die neuen Regelungen in der Praxis umsetzen werden.


Insgesamt stellt das Vergabebeschleunigungsgesetz einen wichtigen Schritt in Richtung einer modernen und effizienten öffentlichen Beschaffung dar, die den Anforderungen der digitalen und innovativen Wirtschaft gerecht wird.


Den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge im PDF finden Sie hier.


Die kommenden Vergabeseminare der Fortbildungskampagne finden Sie hier.

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Constanze Korb
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In unserem Beitrag " Bundesregierung beschließt Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes " haben wir den Beschluss vom 6. August 2025 mit Verweis auf den Gesetzesentwurf kurz vorgestellt. In seiner Rolle als Vortragender, Dozent und Experte für Vergaberecht hat uns Robert Thiele, Referent im Bundesministeri- um für Digitales und Staatsmodernisierung, seinen folgenden Kommentar zum Vergabebeschleunigungsgesetz mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung mitgeteilt.
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Meinungsbeitrag: Till Spurny Ein Wort wie „Entmenschlichung“ brachte man bis vor kurzem allenfalls mit den Verbrechen des Nationalsozialismus in Deutschland in Verbindung. Inzwischen werden jedoch von der amerikanischen Regierung Pressefotos verbreitet, auf denen Menschen in Gefangenschaft gezeigt werden, mit kahl geschorenen Köpfen, unwürdig in eine gebeugte Haltung gedrückt, um die „erfolgreichen Deportationen“ aus den USA zu belegen. Das ist ein Beispiel für Entmenschlichung, einer Vorstufe zu noch mehr Entwürdigung und roher Gewalt. Dass die aggressive Rhetorik und die dazugehörenden Handlungen der US-Regierung (Stichwort: Yemen) wie eine Gewaltankündigung verstanden werden können, zeigt nicht zuletzt ein aktuelles Zitat von Warren Buffet, in dem er die Erhebung von Zöllen als „Kriegshandlung“ bezeichnet (Tariffs are 'an act of war ', W. Buffet). Warum ist das relevant, wenn man zum Beispiel gerade dabei ist, die Digitalisierung voranzutreiben und Prozesse durch Technologie, Software und KI zu vereinfachen? Die Beobachtung dieser schleichenden Entmenschlichung ist deshalb relevant, weil wir uns in Deutschland bereits in einer Situation wiederfanden, in der die Puzzleteile und Einzelereignisse retrospektiv rekonstruiert werden mussten, um die größte Katastrophe unserer Geschichte zu erklären. Im Rückblick wurde dann schrittweise erklärbar, wie es zu einer Situation kommen konnte, in der Menschen nicht mehr Menschen waren. In der Rückschau konnte man dann den Stellenwert einzelner Ereignisse bewerten und konkret aufzeigen, wie letztlich eines zum anderen führen konnte. Auch wenn heute niemand sagen kann, in welche Zukunft wir uns konkret bewegen, mit welcher Überschrift das gegenwärtige Kapitel in den Geschichtsbüchern einst überschrieben sein wird, so ist doch spürbar, dass dies ein historischer Moment ist. Werden neue Technologien und Innovationen vor diesem Hintergrund stets mit einer positiv besetzten Vorstellung von Fortschritt und Entwicklung verbunden bleiben? Oder ist es denkbar, dass zum Beispiel künstliche Intelligenz einst mit Kontrolle, Herrschaft und Macht in Verbindung gebracht wird? Das darf man durchaus fragen, angesichts einer nahezu vollständig selbstverständlichen und weitreichenden Technologieabhängigkeit. Wem das gänzlich abwegig erscheint, der möge sich fragen, wie es der Technologie-Industrie bisher gelungen ist, Produkte an hunderte Millionen oder gar Milliarden von Kunden zu verkaufen und gleichzeitig die negativen Konnotationen aus Orwell's 1984 und anderen Fiktionen zu vermeiden. Es ist durchaus bezeichnend, dass Jensen Huang, Gründer und CIO von NVIDIA, dem wichtigsten Hersteller von KI-Prozessoren der Welt, kürzlich eine Kollaboration im Bereich Robotics zwischen NVIDIA, Open AI und Disney Research verkündet hat. Das lässt erkennen, dass man auch für ernsthafte KI-gestützte Roboter-Technologie offenbar ein Unternehmen wie Disney benötigt, das den Maschinen Töne, Geräusche und Gesten einverleiben kann. Damit wird uns Menschen das Gefühl vermittelt, es mit intelligenten Wesen zu interagieren anstatt mit Plastik- und Aluminiumkästen und Kupferdrähten. Im besten Fall unterstützt uns die Technologie darin, einfach menschlich zu sein - eben Mensch zu sein. Doch das bedeutet auch, dass wir aufhorchen sollten, wenn die Grenze zur Entmenschlichung überschritten wird.
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